Februar 2003
Der verbale Krieg zwischen den USA und dem Irak hat bereits begonnen. So lässt der irakische Vizepräsident Taha Jassin Ramadan mit Selbstmordanschlägen gedroht, falls ein Angriff auf sein Land erfolgen sollte, wie er in einem Interview mit dem "Spiegel" bekannt gibt.
Seitens der USA wird bekannt, dass Präsident Bush einer neuen UN-Resolution nur dann zustimmen würde, wenn die nachfolgenden UN-Inspektionen einen Zeitraum von 4 - 6 Wochen nicht überschreiten.
In seiner Rede vor dem UN-Sicherheitsrat versucht US-Außenminister Powell von der Schuld des Iraks zu überzeugen. Dieser habe laut Powells Ausführungen mehrfach gegen die Resolution 1441 verstoßen, indem chemische Kampfstoffe verborgen worden wären und es weiterhin ein Atomwaffenprogramm gebe, dass der Irak betreibe. Zudem würde der Irak die Terrororganisation Al Qaida unterstützen. Dadurch seien weitere Inspektionen nicht länger gerechtfertigt und die Zeit für eine militärische Vorgehensweise gekommen.
Unterdessen wird die Militärpräsenz der USA und Großbritanniens am Persischen Golf weiter erhöht, bis Mitte Februar sollen 150.000 US-Soldaten am Golf stationiert sein, bis März sogar 200.000 Mann.
Am 8. Februar reisen die UN-Chefinspektoren Hans Blix und Mohamed El Baradei persönlich in den Irak und treffen dort zu Gesprächen mit der irakischen Regierung zusammen. Laut Blix seien diese Gespräche sehr nützlich gewesen und erfolgreich verlaufen, eine weitere Zusammenarbeit zwischen dem Irak und den UN-Inspektoren würde beiderseitig gefordert und unterstützt werden.
Die USA planen den Entwurf einer zweiten Resolution, welcher am 15. Februar dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt werden soll. An diesem Tag soll auch der neue Bericht der UN-Inspektoren vorliegen, der aktuell über gefundene Waffen im Irak Aufschluß gibt sowie über die Befragungen irakischer Wissenschaftler zu den Massenvernichtungswaffen des Iraks, die in den letzten Tagen verstärkt durchgeführt wurden.
Diplomatisch kommt es Mitte des Monats zu einem weiteren "Bruch" zwischen den USA und einigen EU-Staaten, allen voran Frankreich, das, laut einem Sprecher Rumsfeld, versuche, den Einfluß der USA in Europa zu schwächen und gegen die USA zu arbeiten statt mit ihnen.
Nach Berichten der US-Zeitung "US Today" beabsichtigt die Regierung der USA, nach einem Irak-Krieg das Land von einer Militärverwaltung regieren zu lassen.
Am 14. Februar liegt der neue Bericht über den Verlauf der Waffeninspektionen dem UN-Sicherheitsrat vor. Laut Hans Blix seien zwar keine Massenvernichtungswaffen gefunden worden, dennoch gebe es viele unbeantwortete Fragen, deren Klärung es dringend bedürfe. Wiederum spricht er sich für die Verlängerung der Inspektionen aus.
Einen Tag später kommt es weltweit zu der bis dato größten Friedensdemonstration in der Welt, die es je gegeben hat. Insgesamt protestieren rund 15 Millionen Menschen in 700 Städten weltweit gegen einen Irak-Krieg. In London und Rom sind es jeweils ca. zwei Millionen Demonstranten, in Madrid und Barcelona jeweils eine Million, in der deutschen Hauptstadt bekunden ungefähr 500.000 Menschen ihren Willen nach einer friedlichen Lösung des Konflikts.
"Es ist Zeit, die Sache zu beenden, genug ist genug", äußert sich Condoleezza Rice, die Sicherheitsberaterin des US-Präsidenten, in einem Interview mit dem Fernsehsender NBC am 16. Februar. Sie sehe keinen Sinn in der Verlängerung der UN-Inspektionen, stattdessen würde dieser Schritt nur den Druck auf den Irak mindern. In einem anderen Interview gibt sie die Erarbeitung einer neuen Resolution bekannt, weist aber zugleich darauf hin, dass die USA nicht auf eine weitere Resolution der UNO angewiesen seien, um militärisch gegen den Irak vorgehen zu können. Die USA ist also zu einem Alleingang ohne Mandat der Vereinten Nationen bereit.
Nach Aussagen von Verteidigungsminister Rumsfeld am 20. Februar sind die Truppen am Persischen Golf einsatzbereit. Zur Zeit befinden sich dort etwa 150.000 britischen und amerikanische Soldaten, bis Ende des Monats könnten es noch einmal 50.000 mehr sein.
Behauptungen von britischen Medien zufolge planen Washington und London einen Kriegsbeginn bis spätestens zum 14. März.
Am 24. Februar legen die USA in Zusammenarbeit mit Spanien und Großbritannien eine neue Resolution vor. Darin wird darauf verwiesen, dass der Irak mehrfach den Anforderungen der Resolution 1441 nicht entsprochen habe. Noch am selben Tag reichen Deutschland, Frankreich und Russland ein Schriftstück ein, in dem sie auf einer friedlichen Lösung der Irak-Frage bestehen, da eine militärische Lösung nur das letzte Mittel sein könne.
In den letzten Tagen des Monats bereitet sich die Türkei auf einen Krieg gegen den Nachbarstaat Irak vor, indem türkische Truppen und Panzer an die gemeinsame Grenze verlegt werden. Tage zuvor war in der NATO entschieden worden, die Türkei im Falle eines Krieges gegen den Irak zu unterstützen.
In einer Rede am American Enterprise Institute hat George Bush einen durch den Krieg herbeigeführten Machtwechsel im Irak als Chance zur Demokratisierung des gesamten Nahen Ostens bezeichnet. Der Irak könne dann als eine Art Vorbild für andere Staaten dienen. Zugleich forderte er vom UN-Sicherheitsrat, nicht weiter die Entschuldigungen und Verzögerungen seitens des Iraks zu akzeptieren, sondern entsprechende Mittel zur Beilegung des Konflikts zu genehmigen.
Am 27. Februar überreicht Hans Blix den nächsten Bericht zur Waffenlage im Irak, der zwar noch nicht vollständig sei, dennoch weist Blix auf die Fortschritte hin, die sich in den letzten Tagen in der Zusammenarbeit mit den Irak und dadurch auch bei der Arbeit der UN-Inspektoren ergeben haben.
Der Irak stimmt zudem einer Zerstörung von sog. Al-Samoud-2-Raketen, welche die von der UNO erlaubte Reichweite von 150 Kilometern übersteigen, zu. Diese Raketen waren zuvor bei Kontrollen von den UN-Inspektoren gefunden worden, Blix hatte danach den Irak schriftlich zur Zerstörung dieser Waffen aufgefordert und ein Ultimatum bis zum 1. März gesetzt.
Während Präsident Bush diese Raketen nur als die Spitze eines Eisberges bezeichnete und Rumsfeld behauptete, dass sich am Verhaltensmuster der irakischen Regierung nichts geändert haben, sahen vor allem die Kriegsgegner Deutschland und Frankreich einen wichtigen Erfolg zur Abwendung eines Krieges in diesem Schritt seitens des Iraks. Während Hans Blix das Vorhaben des Iraks, diese Raketen zu zerstören, als entscheidenden Schritt auf dem Weg zur Abrüstung des Iraks sieht, setzen die USA ihren Truppenaufmarsch am Persischen Golf weiter fort.